Heimatdichter und Schmalzbrote

Empfehlung Heimatdichter und Schmalzbrote
Auch in unseren Regionen gibt es Literaten-Kränzchen,

Dichter-Zirkel und schöngeistige Kreise, die sich in regelmäßigen Abständen in den Extrastuben der Wirtshäuser treffen.

Zu diesen Happenings kommen dann Verse-Schmiede, Amateur-Philosophen, Traumtänzer, Scharlatane und solche, die sich für Schriftsteller halten, weil sie schon einmal ein Kreuzworträtsel komplett aufgelöst haben.

Diese Tafelrunden führen natürlich auch entsprechende Bezeichnungen. Sie nennen sich „Himmelsstürmer", „Freunde der Poesie" oder auch nur „Heimatdichter-Kreis".

Selbstverständlich sind sie untereinander verfeindet und bezichtigen sich abwechselnd der fürchterlichsten Plagiate sowie schlechter Zähne. Trotzdem grüßt man sich gegenseitig mit aufrechter Beteuerung grenzenloser Hochachtung.

Die einzelnen Grüppchen gleichen sich in ihrer Zusammensetzung meist verblüffend. Da sind einmal der Meister oder die Meisterin, die beileibe nicht nur im Spaß so angeredet werden. Dann kommen die Stammjünger, die ihren strahlenden Stern mit der sanften Idiotie ausgebrannter Raketenstufen umkreisen.

Und schließlich die mühselig Geladenen. Manche bewegen sich wie mondsüchtige Klavierlehrer und kräuseln die Nase, als müssten sie auf dem Drahtseil über eine Kläranlage balancieren. Es gehören auch bedeutende Damen dazu, deren Hände sich beim Schütteln anfassen wie ein verschmähtes Heringsfilet in Paradeisersoße.

Und dann schaut der aus seinen Werken vorlesende Schöngeist, in diesem Fall ein selbstbewusster Verfasser von Mundartversen, vom Podest herab. Erwartungsvolle Blicke ermuntern ihn, zu beginnen. Des Dichters Dialekt dürfte jedoch, aus welchen Gründen immer, nicht recht verstanden werden. Da halten die verblüfften Zuhörer krampfhaft ihre Zeigefinger an die Schläfen, als würden sie ihren Gehirnen drohen, ja prima mitzudenken.

Doch dann wird der Verseschmied plötzlich tieftraurig. Denn er hat bemerkt, dass sich die versammelten Anhänger bereits den aufgetragenen Schmalzbroten und Bieren widmen. Und als der Heimatpoet schließlich mit müder Hand sein Manuskript sinken lässt, klingt längst ein Schmatzen, garniert mit Prost-Zurufen, durch den Raum. Bald sind die Tische so leer, als wären sie abgehobelt worden.

Nur die als Garnierung ausgedienten Plastikblumen bleiben übrig. Und die kann selbst der hungrige Magen eines enttäuschten Heimatdichters noch immer nicht verdauen.

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