Wenn Werbung die Zielgruppe verfehlt

Empfehlung Wenn Werbung die Zielgruppe verfehlt
Wenn mit 66 Jahren das Leben erst anfängt,

wie es Udo Jürgens in seinem offenbar immer noch gern gehörten Schlager unwidersprochen behauptet hat, dann ist man mit „50 plus" ja quasi noch ein Baby.

Habe ich mir jedenfalls so ausgerechnet.

War aber falsch.

Kaum hatte ich meinen fünfzigsten Geburtstag gar nicht erst gefeiert, weil ich ja noch so jung war, da hagelte es schon Werbebroschüren und Postwurfsendungen, die uns alle zu ihrer „Zielgruppe" machen: die Altersembryonen, die Lebensanfänger und die Lebensfortsetzer von 75ff.

Seither will man mir Anti-Aging - Lotion und Gebisshaftcreme, Hometrainer und Treppenlift gleichzeitig verkaufen. Doch nicht nur ich hab ein Problem mit den Werbeleuten, auch die haben eins mit mir.

Die wissen einfach nicht, wie sich mich titulieren sollen. Den Ausdruck „Senior", vor Jahrzehnten als flotte Alternative zu „Alter" oder dezenter „Älterer" gekürt, haben sie verschlissen. Damit sollte schon mein zum gleichen Jahrganz zählender Nachbar zu Kaffeefahrten und dubiosen Stärkungsmitteln aus Apotheke und Reformhaus überredet werden. Heute gibt es Senioren bestenfalls noch im Seniorenpflegeheim.

Und die wissen Bescheid und kaufen sehr selten wem was ab. Besonders gern greifen die Marketingleute heute zum Englischen. Zum Beispiel „Best Ager". Sorry, finde ich zu schmeichelhaft. Zwanzig sein ist nun mal lustiger als fünfzig, sechzig, siebzig. Also „Silver Ager"? Abgelehnt. Klingt zu bescheiden. Als ob sich unsereins keinen Goldring mehr leisten könnte!

„Oldie"? – Gefällt mir noch am besten, erinnert an Rock und Beat und Evergreens, die man heute im MP3-Player mit sich spazieren tragen kann. Aber mein Nachbar findet das zu salopp. Er hört nie Rock, Beat oder Evergreens. Nur Mozart, Händel, Smetana, und zwar von seiner Hi-Fi-Anlage. „Oldie" -Werbung trifft bei ihm also voll ins Leere.

Ihm gefällt es, denke ich, wenn die Werbebranche ihn unter „reifere Generation" subsumiert. Klingt ja auch edel, fast erhaben. Wie der letzte Satz aus Smetanas „Moldau". Nur, da lässt man mich garantiert nicht mitschwimmen. Konnte ich es doch nicht lassen, mir unlängst ein ziemlich unreifes T-Shirt mit einer blonden Badenixe auf der Vorderseite zu kaufen. Eines mit Grauer Panther – Aufdruck erschien mit nämlich zu altmodisch.

Ich befürchte also, die Werbebranche und ich, wir werden nicht handelseinig.

Lieber wär's mir nämlich, sie ordnet mich als „Normalo" ein: Homo sapiens, männlich, über 50, im Prinzip gutmütig, solange man ihn nicht mit unpassender Werbung nervt...

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