Ein schwaches Licht gegen das Vergessen

  • verfasst von Mag. Martin Weirer
  • Fenstergucker
Ein schwaches Licht gegen das Vergessen Foto: Moosbrugger
Schladming: Ein schwaches Licht gegen das Vergessen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Bei nahe zwei Jahre sind seit Beginn der Pandemie im März 2020 vergangen. Zwei Jahre, die Krankenhäuser herausgefordert und viele Menschen erschöpft haben. Menschen, die persönlichen Einschränkungen, psychischen Belastungen und existenziellen Ängsten ausgesetzt sind. Mit dem Abebben der Pandemie geht auch das Vergessen einher. Einige wenige versuchten sich am 17. Februar dagegen zu stemmen.

Bei einsetzendem Wind und aufkommendem Regen hat sich ein kleines Grüppchen von Menschen am Abend des 17. Februar im Schladminger Rathauspark eingefunden. Es sollte gemeinsam zehn Minuten lang geschwiegen werden. Bis zum Einsetzen der Kirchenglocken zur vollen Stunde. Ein stilles Gedenken an die Erkrankten und Verstorbenen, die helfenden Hände und die Kinder und Jugendlichen dieser schwierigen Zeit.

Die Dienstleister an den Menschen seien viel zu wenig gewürdigt worden, so der Tenor der Anwesenden. Sie wollten ein Zeichen setzen für die schweigende Masse, die ihre Pflicht in diesen zwei Jahren erfüllt hatten. Die Helfer, die zumeist ohne Protest, teils mit Depressionen und Überlastung kämpfend, mit Erschöpfung und Überforderung, zwei Jahre lang durchgehalten haben.

Ein älteres Ehepaar nutzt die Schweigeminuten, um an ihren an Covid-19 verstorbenen Bruder und Schwager zu denken. Ihr Dank gelte den Pflegekräften im Spital. Sie verstünden nicht, dass es immer noch Leute gebe, die das alles schlechtreden würden. „Wenn einer innerhalb sechs Wochen stirbt, denkt man anders.“

Der Diakon und Seelsorger Hannes Stickler erinnert zudem an die Menschen, die aufgrund von Besuchsverboten an Einsamkeit gelitten haben, an Sterbende, die nicht den vertrauten Kreis der Familie um sich haben konnten, Verwandte, die gezwungen waren, sich nicht persönlich verabschieden zu können, da sie keinen Zugang zu ihren sterbenden Familienangehörigen erhielten.

Für den Organisator des Lichtermeeres Hannes Stickler ist die sinkende Brisanz bei den Covid-Erkrankungen kein Grund, die Bedeutung des Lichtermeers in Frage zu stellen. Es gehe um eine grundsätzliche Haltung der Solidarität gegenüber Mitmenschen, so der katholische Diakon und Seelsorger. Das Lichtermeer ist allen Menschen gewidmet, die schwere Belastungen durchstehen mussten.

Auch der Bürgermeister der Gemeinde Schladming nimmt an dem Gedenken teil. Hermann Trinker verweist auf die Belastung, die Kinder und Jugendliche zu tragen hatten, zuhause im Distance-Learning, das verpasste Wissen, das auf sie negativ zurückfallen könnte, aber auch die versäumte Zeit mit Freunden. Eltern, Lehrer und Kindergärtner hätten viel in den vergangenen 24 Monaten zu schultern gehabt, so Trinker.

Proteste gab es keine bei diesem Lichtermeer, das sich auf einige wenige Trauernde, Betroffene und solidarisch Fühlende reduziert hat. Die Pandemie scheint - wieder einmal – in den Köpfen der Menschen für beendet erklärt worden zu sein. Der Bann scheint gebrochen zu sein, das normale Leben nimmt wieder Fahrt auf. Diese Ereignisse verschwinden allzu rasch im Vergessen, wenn die Wut über Maßnahmen hochkocht und die Hoffnung auf Normalität sich breit macht.

Zehn Minuten Schweigen und brennende Lichter sollten diese Momente wieder in Erinnerung rufen. Es sollte zu einem Akt der Dankbarkeit und der Solidarität werden. „Ich habe mehr Menschen erwartet, die den Aufruf folgen. Das stimmt traurig, und doch stellt sich für mich die Frage.

Wann ist ein Meer, ein Meer? Ich denke es beginnt mit dem ersten Wassertropfen!“ so Stickler.

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