Vor dem Fenster wird gevögelt

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn man jeden Tag um fünf Uhr morgens von einem penetranten stakatto an Tschip, tschip, tschip ... Lauten geweckt wird, ist das nicht sonderlich angenehm. Nun gut, im Winter wird ja nicht so heftig gevögelt wie im Sommer. Und im Winter ist unser Schlafzimmerfenster meist auch geschlossen. Arschkalt da draußen. Aber in den Sommermonaten ist es extrem.
Also begab ich mich eines schönen Tages auf die Suche, um die Lärmquelle zu eruieren - im Internet. Für mich, als nicht ausgebildeter Ornitologe ist es unmöglich, festzustellen, wer da morgens vor unserem Fenster so „herumvögelt". Eine Amsel kenne ich, die ist nicht weiter störend, einen Spatzen würde ich auch noch erkennen, aber dieses nervenzerfetzende, hämmernde, „Tschip, tschip, tschip" habe ich noch nie zuvor gehört. Also ab ins Netz (wollte mich nicht vor dem Haus auf die Lauer legen, da der Vogel mich vermutlich entdeckt hätte) auf die Suche nach dem Störenfried. Ich muss sagen, es ist ein Wahnsinn was im Internet alles über Vögel und wie sie „vögeln" (zwitschern, pfeifen, singen, tiriliern) zu erfahren ist. Es dauerte keine zehn Minuten und ich hatte den Verursacher unserer Schlaflosigkeit aufgespürt. Mir ist es ja inzwischen egal, ich drehe mich eben um sechs Uhr nochmal auf die Seite und schlafe weiter. Aber meine Frau, die muss arbeiten, und hat deshalb weniger Freude mit diesem Untier.

Triumphierend rief ich also in die Küche: »Haaa, ich hab ihn, komm mal schnell Schatz.« Als ob der im Internet wegfliegen könnte, Dussel!

»Echt? Hast du ihn gefunden?« meinte Gabi ganz erstaunt, »was ist das für ein schräger Vogel?«

»Picoides major« war meine voll stolz gewählte Antwort.

»Pico ... was?«

»Na, ein Buntspecht. Der da, auf dem Foto. Und hör mal, das ist doch dieses nervige Tschip, tschip, tschip.«

Beim Betrachten des Bildes auf der Website wird automatisch der dazugehörige Vogelgesang abgespielt - Genial!

»Ja, der ist es!«

»Ha!«

»Aber der sieht eigentlich sehr niedlich aus, meinst du nicht?«

»Doch, schon ...«

»Dieses rot-schwarz-weiße Gefieder mit den kecken Punkten am Schwanz, nett.«

»Dann soll ich ihn also nicht töten?«, fragte ich.

»Bist du verrückt? Ich wollte nur wissen wer da so vögelt!«

»Also ich nicht, ich mach nicht solchen Lärm dabei.«

»Depp!« lachte meine Frau und fügte an, »lass ihn nur weiter vögeln oder tschipen. Jetzt wo ich weiß wie er aussieht, stört es mich bestimmt gar nicht mehr.«

»War doch nur Spaß. Ich kann doch keiner Fliege was zuleide tun.«

»So??? Was würden wohl die 30 Fliegen dazu sagen, die du gestern am Balkon erlegt hast?«

»Nichts mehr!«

»Genau«, lacht meine Frau.

Irgendwie freue ich mich schon auf morgen Früh, fünf Uhr. Dann kann ich endlich sagen: „Guten Morgen Herr Buntspecht. Gut geschlafen?"

Manchmal ist es doch sehr erbaulich, wenn man dem Vögeln auf die Schliche kommt.

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