Die Ängste des Schriftstellers

Empfehlung Fotalia.com Klaus Eppele Fotalia.com
Die Ängst des Schriftstellers vor dem fertigen Buch oder ist es sinnvoll ein Buch zu schreiben?
Ja und nein, könnte man sagen. Als Autor stellt man sich ja mit seinen Gedanken ins Rampenlicht und somit ins Fegefeuer der Kritik. Ist es beim Schreiben noch die Sucht, seinem ungeborenen Kind einen Namen zu geben, dominiert nach der Veröffentlichung die angstvolle Spannung, ob das Kind vom Leser auch geliebt wird. Wird diese sehnlichst gewünschte Liebe nicht gewährt, gerät das Seelenleben eines Autors zu einer Achterbahnfahrt durch eine Lawine von Fragezeichen. Habe ich nicht die richtigen Worte gewählt? Ist das Thema uninteressant? Hätte ich einen Protagonisten in den Tod schreiben sollen? Ist das Buch zu teuer? Konnte ich die Spannung nicht aufbauen? Und, und, und ... Fragen über Fragen häufen sich und Zweifel an den eigenen Fähigkeiten gewinnen rasch die Oberhand. Gleich einer manischen Depression verfolgen Gefühle zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, den Hobbyautoren auf Schritt und Tritt.

In einem Liezener Innenstadtlokal stellte ich vor einigen Jahren, nachdem ich „Zeit der Tränen - Ausgebrannt“ geschrieben hatte, einem Bekannten an der Bar die Frage: „Du bist ja sehr belesen, warum schreibst du eigentlich keine Bücher?“ Er blickte nachdenklich von seinem Weinglas hoch und sagte mit stoischer Miene: „Ich wichse ja auch nicht in der Öffentlichkeit.“ Im ersten Moment entsetzt, dachte in den letzten Jahren oft über seine drastische Antwort nach. Zugegeben, ganz unrecht hat er ja nicht, fühlt man sich als Autor in der Öffentlichkeit doch oftmals neugierig beäugt. Hat er, oder hat er nicht, sind wohl Gedanken, denen sich der kritische Leser bei der Lektüre eines Buches hingibt. Am einfachsten zu erklären ist es, wenn man sich vorstellt, der Autor habe jene hocherotische Szene, über die er in seinem Buch schreibt, selbst erlebt. Wie könnte er sonst darüber schreiben? Oder wie in meinem Fall: Hat er wirklich 143 Millionen Euro im Lotto gewonnen? Gleich vorweg: nein, habe ich nicht. Die Gedanken und Gefühle, die ein Autor in sein Buch einfließen lässt, werden manchmal vom Leser auch als Wunschdenken interpretiert und sorgen so, beim Schreibenden, für ein gewisses Maß an Unwohlsein.

Und schließlich stellt sich ein Autor noch die Frage: Wie rücke ich mein Kind medial ins rechte Licht und sorge dafür, dass es wohlbehütet zwischen Gleichgesinnten ein lauschiges Plätzchen in einem Bücherregal findet? Für Hobbyautoren ist dies wohl der schwierigste und nervigste Abschnitt in der Entstehungsgeschichte eines Buches. Lesungen, Pressekonferenzen, Smalltalk in Radiosendungen, Werbeauftritte im TV - Wunschdenken. Ausgebrannt und leer, nach intensiven Geburtswehen, sitzt man da und wartet auf einen Selbstläufer. Doch den gibt es nicht! Während prominente Autoren, von ihren Verlagen, von einem Termin zum nächsten gehetzt werden, verliert sich der Freizeitkünstler in den mäandrischen Tiefen des Internets. Homepage, Blogs, Facebook, Twitter, kostenlose Presseportale und was es sonst noch alles gibt (ich habe monatelang recherchiert) lassen die Finger wund werden und die Augen rotglühend leuchten. Minuten werden zu Stunden, Tage zu Wochen, Wochen zu Monaten und der Erfolg ist im Promillebereich anzusiedeln. Man werkelt an Werbekonzepten und denkt gleichzeitig schon an das nächste Projekt, während die Gedanken wie tanzende Derwische nach einem Ausweg aus diesem Dilemma suchen. Verspannter Rücken, wenig Bewegung, Sonne vor dem Fenster statt im Herzen, dies alles lässt die Euphorie über das eben geborene Kind sinken und eine Art Wochenbettdepression aufkeimen. Hatte die Presse das erste Buch noch medial in ungeahnte Höhen getrieben, so hält sich die Berichterstattung über das neue Baby in Grenzen. Es wird mit vornehmer Zurückhaltung nicht aus dem Schlaf gerissen. Die Wege des Herrn sind unergründlich und sollte nicht ein tragisches Schicksal die Auflage erhöhen, agiert die Presse zuweilen wie Gott und entzieht auf wundersame Weise dem einst Gläubigen.

Doch wo Schatten ist, ist auch Licht. Die Momente, wenn Gedanken fliegen und den Fingern den Befehl erteilen, sie zur Anzeige am Bildschirm zu bringen, wenn die Augen prüfen und sich alles zu einem sinnbringenden Ganzen vereint, dann tanzen die Autoren-Serotonine einen Landler, eine Polka oder Salsa, je nachdem, ich kann ja nicht tanzen. Und man will mehr, immer mehr, immer besser und jagt weiter nach dem Phantom - Bestseller. Dass man dabei den Kampf gegen einen übermächtigen Kraken aufnimmt, ist in diesen Momenten nicht relevant. Der Autor sieht in diesem frühen Stadium nur sein Baby heranwachsen und beschützt und behütet es wie seinen Augapfel, füttert es und spielt mit ihm. Er weiß, auch wenn der Zeitpunkt der Trennung kommen wird und er es sein wird der die Nabelschnur durchtrennt, um es in die Welt des Buchhandels und der Leserschaft zu entlassen, so wird dieses Baby bis zu seinem Tod und darüber hinaus immer sein Baby bleiben.

Und das ist doch die Mühen wert ... finden Sie nicht auch?

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