Bedrohung für Klimaschutz, Arbeitsplätze und Eigentum

Landesrat Hans Seitinger und Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher Foto: Binder Landesrat Hans Seitinger und Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher
Steiermark: Die EU-Kommission hat im Zuge des sogenannten „Green Deal“ eine neue Waldstrategie für 2030 entworfen.

Das – und auch das Ziel – nämlich die europäischen Wälder klimafit zu machen und ihr Potential als CO2-Senke zu nutzen werden von Landesrat Hans Seitinger und Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher grundsätzlich begrüßt. Viele in der Strategie enthaltenen Punkte kritisieren die beiden Spitzenagrarier hingegen heftig, da sie zum einen im Sinne des Klimaschutzes untauglich und zum anderen eine massive Bedrohung für die Forstwirtschaft sind. So zeigt sich Seitinger etwa über die geplante Außernutzung-Stellung von Wäldern empört: „Dieser Vorschlag kommt einer Enteignung unserer bäuerlichen Familienbetriebe gleich. Dieser massive Angriff auf das Eigentum muss verhindert werden!“

Waldstrategie bedroht 15.000 steirische Arbeitsplätze
„Diese sogenannte Waldstrategie wurde offenbar von Bürokraten und Lobbyisten ersonnen, die noch nie einen Wald bewirtschaftet haben“, zeigt sich Landesrat Hans Seitinger verärgert. Er erläutert: „Das EU-Papier missachtet wissenschaftliche Erkenntnisse und verhindert, dass das enorme Klimaschutzpotential bewirtschafteter Wälder ausgeschöpft wird. Außerdem droht der Steiermark durch die vorgesehene Außernutzung-Stellung von bis zu 30% der Wälder der Verlust von 1,5 Milliarden Euro an Wertschöpfung pro Jahr und 15.000 Arbeitsplätzen!“

Klimafitte Wälder
Als positiv wird hingegen das Ziel gesehen, die europäischen Wälder klimafit zu machen. In diesem Bereich nimmt die Steiermark eine Vorreiterrolle ein, denn in den vergangenen Jahren ist es nicht nur gelungen den Fichtenanteil zu reduzieren, sondern durch die dynamische Waldtypisierung dafür zu sorgen, dass an jedem Standort die richtige Baumart gepflanzt werden kann. So entsteht Schritt für Schritt ein klimafitter Wald, der nachhaltig bewirtschaftet werden kann. Insofern ist auch das Ziel in der EU drei Milliarden Bäume zu pflanzen grundsätzlich positiv, sofern dafür nicht wertvolle Biodiversitätsflächen, wie etwa Almen geopfert werden.

Über 20% der Steiermark bereits geschützt
Schon heute genießen 21,3% (349.000 ha) der steirischen Landesfläche einen besonderen Schutzstatus, 17,5% (138.000 ha) sind Europaschutzgebiete. Je nach Schutzstatus ist eine nachhaltige forstwirtschaftliche Nutzung entsprechend des Forstgesetzes möglich. Besonders strengen Schutz genießen in der Steiermark aber zum Beispiel das unlängst umgesetzte Wildnisgebiet Lassingtal (rd. 3.500 ha) sowie der Nationalpark Gesäuse (rd. 11.000 ha, davon rd. 6.700 ha Waldfläche).

Weitere Kritikpunkte an der EU-Waldstrategie
Pflege- und behördlich angeordnete Forstschutzmaßnahmen können in bewirtschafteten Wäldern leichter umgesetzt werden, da die Bewirtschafter ein betriebliches Interesse haben, ihre Wälder stabil und vital zu erhalten. In Wäldern, die außer Nutzung gestellt sind, fällt diese Motivation weg. Ein weiterer Kritikpunkt ist die geplante Einführung eines Laienmonitorings, also die Beurteilung des Wald-Zustands durch unkundige Personen. Dieses gleicht der Überprüfung der Arbeit eines Arztes durch einen Laien. Bei den geplanten verpflichtenden Zertifizierungsmodellen muss aus steirischer Sicht unbedingt die Kleinstrukturiertheit in den Waldbesitzverhältnissen (Familienforstwirtschaft) berücksichtigt werden, wie es in Österreich schon jetzt durch das PEFC-Siegel gewährleistet wird.

Positive Aspekte
Die Waldstrategie führt zu einer Diskussion und damit einer verbundenen Bewertung von Ökosystemleistungen. Aufgaben, wie die Landschaftsbildpflege oder die positiven Effekte der forstlichen Bewirtschaftung (Begehbarkeit von Wanderwegen, Erschließung, Nichtholzprodukte (Kräuter, Pilze, Harze, …) etc.), werden breiter diskutiert und der ländliche Raum erhält eine höhere Wertschätzung.

Zahlen, Daten und Faktenzum Klimaschutz
- Ein Kubikmeter Holz speichert eine Tonne CO2
- Um dem Stoffkreislauf möglichst viel CO2 zu entziehen, muss möglichst viel Holz in möglichst langlebige Produkte verpackt werden. Z.B. Holzbau, Möbel, etc.
- Verbleiben abgestorbene Bäume im Wald, werden sie von Mikroorganismen zersetzt und der im Holz gebundene Kohlenstoff gelangt wieder in die Atmosphäre.
- Österreichs Wald bindet mit seinen vier Millionen Hektar etwa 985 Millionen Tonnen Kohlenstoff im Holz der Bäume und im Waldboden. Freigesetzt in der Atmosphäre entspricht das 3,6 Milliarden Tonnen CO2, der 40-fachen Menge der jährlichen Treibhausgasemissionen Österreichs.

zur Wertschöpfung
- Die steirische Forst- und Holzwirtschaft hat einen Produktionswert von rund fünf Milliarden Euro (Der Produktionswert der gesamten Wertschöpfungskette Holz beträgt rund 12 Mrd. EUR. pro Jahr).
- Ein Sechstel der steirischen Wirtschaftsleistung wird aus dem steirischen Wald erwirtschaftet
- Das Holz ist mit rund 55.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der Steiermark.
- Die Steiermark ist nicht nur Exportmeister im Bereich Sägeprodukte – durch das steirische Know-how werden Häuser exportiert, die ihren Ursprung in der Steiermark haben: (Brettsperrholz in der Steiermark entwickelt ist eine Erfolgsgeschichte: Häuser in Australien, Schweden, Finnland, Grönland, Japan und England werden aus vorgefertigten Modulen aus Leoben und Katsch (Mayr-Melnhof, KLH) gefertigt.

zum Holz:
- 61% der steirischen Landesfläche sind mit Wald bedeckt.
- 2020 ist der Waldbestand in der Steiermark gewachsen. Bei einem jährlichen Zuwachs von rund 8 Millionen Festmetern Holz wurden rund 3,8 Millionen Festmeter aus den Wäldern entnommen.

 


Weiterführende Information: Bewirtschafte Wälder schützen das Klima
Ungenutzte Wälder sind CO2-neutral. Während junge Bäume wachsen und CO2 binden, verrotten tote Bäume und setzen wieder Kohlenstoff frei. In bewirtschafteten Wäldern werden Bäume geerntet, bevor sie sich zersetzen, um daraus zum Beispiel langlebige Holzprodukte herzustellen. Dadurch wird auch wieder Platz für neue Bäume frei, die wiederum Photosynthese betreiben und so Kohlenstoff binden. Werden Materialien wie Beton, Stahl oder Öl durch Holz ersetzt, gelangt kein zusätzliches CO2 aus fossiler Quelle in die Atmosphäre. Dieser sogenannte Substitutionseffekt wurde 2013 anhand des Vergleiches zweier Buchenbestände veranschaulicht. Dabei wurde in den 180-jährigen Beständen der Gesamt-Klimaeffekt modelliert. Das bedeutet, es wurde ausgerechnet, wie viel Tonnen Kohlenstoff pro Hektar diese beiden Bestände einsparen.

Stellt man den Gesamt-Klimaeffekt des bewirtschafteten Bestandes jenem des unbewirtschafteten Bestandes gegenüber und nimmt nur den Totholzanteil hinzu, lässt sich ablesen, dass der unbewirtschaftete eine bessere Bilanz aufweist:

Nun wird auch jener Kohlenstoff dazugezählt, der noch in Holzprodukten gebunden ist, die aus den Nutzungen entstanden sind. Weiters zählt auch jener Kohlenstoff dazu, der vermieden werden konnte, weil fossile Rohstoffe durch Holz ersetzt werden konnten. Somit ergibt sich ein völlig anderes Bild und es lässt sich deutlich erkennen, wie eine standorttaugliche und nachhaltige Waldbewirtschaftung zu einer Reduktion der Treibhausgasbilanz beitragen kann.

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