Die Natur ließ ihre Muskeln spielen

Die Natur ließ ihre Muskeln spielen Gerfried Göschl
Und sind wir auch reich an Wissen und Willenskraft, die Natur lehrt uns immer wieder, dass wir nur „Menschen“ sind.
Diesem Zitat musste sich auch das ABC - Team unter Expeditionsleiter Gerfried Göschl bei ihrer versuchten Winterbesteigung des Hidden Peak fügen. Was ihn und sein Team jedoch auszeichnet: Sie kletterten nicht blindlings ins Verderben um des Ruhmes willen, sondern ließen Vernunft und Einsicht walten, auch wenn nach Monaten der Strapazen und Entbehrungen das Umkehren sehr schwer fiel.

Ein Bericht von Gerfried Göschl:

Am Sonntag sind wir voller Motivation bereits um 5:00 Uhr aufgebrochen, schwer beladen mit unserer Ausrüstung und Nahrung für vier Tage. Wir wussten, dass nur eine Gewaltleistung eine Gipfelbesteigung ermöglichen könnte. Erst nach vielen Stunden und einigen Spaltenstürzen konnten wir den gefährlichen Gasherbrum Gletscher bis 5900m durchschreiten. Nach einer kurzen Mittagspause nahmen wir den Weiterweg Richtung Gasherbrum La unter die Füße. Schließlich, auf knapp 6200m, unter dem Gasherbrum La fanden wir einen kleinen, ebenen Platz und stellten um 16:00 Uhr unser Zelt auf.

Bereits sehr früh begannen wir uns am Montag für den weiteren Aufstieg vorzubereiten. Zuerst mussten wir den Weiterweg zum Gasherbrum La finden, ein gefährliches, spaltendurchsetztes und zeitraubendes Unterfangen. Endlich erreichten wir für kurze Zeit leichteres Gelände. Am Nachmittag nahmen wir das Japaner-Couloir in Angriff. Allmählich steiler werdend sicherten wir ab 6600m einige Fels- und Eispassagen ab. Kurz nach 17:00 Uhr stiegen wir auf über 7000m aus, endlich ein flacher Platz auf dem ein Zelt aufgestellt werden kann. Der Gipfel lag zum Greifen nahe über uns. Entgegen der Wetterprognose pfiff uns ein starker Nord-Ost-Wind um die Ohren. Trotz aller Bemühungen konnten wir nur das Innenzelt, nicht aber das wichtige Überzelt, aufstellen. So weniger gegen die Naturkräfte geschützt, mussten wir uns auf eine sehr kalte Nacht vorbereiten, da wir den Wind auch im Zelt spüren würden. Dies ließ unserem Optimismus nur wenig anhaben, sollte der Wind ja laut Prognose über Nacht deutlich abflauen und wir bei zwar sehr kalten, andererseits aber idealen Verhältnissen zum ersehnten Gipfel aufsteigen können.

Ab 2:00 Uhr, nach einer schlaflosen, eisigen Nacht bereiteten wir uns für den Aufbruch vor. Leider ließ die Intensität des Windes nicht nach, mit ca. 80km/h wehte er um unser Zelt, das würde am Gipfel weit über 100km/h bedeuten. Immer wieder verschoben wir unseren Start, bei diesem Sturm wäre ein Aufstieg reiner Wahnsinn, Harakiri. Schließlich mussten wir um 09:00 Uhr die Sinnlosigkeit unseres Tuns einsehen, keine Chance. Am nächsten Tag war noch schlechteres Wetter vorhergesagt. Daher die unumgängliche Entscheidung zum Abstieg, zurück ins Leben, dennoch bitter die Enttäuschung. Fast 50 Tage hatten wir um eine Winterbesteigung gekämpft, alles gegeben, extreme Kälte und schlechtes Wetter ausgestanden, nun so knapp vor dem Ziel mussten wir ein derartiges Pech hinnehmen und uns den Naturgewalten ergeben. Spät in der Nacht erreichten wir gezeichnet das Basislager.

Ein kurzes Statement zu unserem Freund Dr. Karl Gabl und seiner Wetterprognose: Wir sind Charly unendlich dankbar für seine Bemühungen und präzisen Prognosen. Er ist weltweit anerkannt als der Wetterexperte für die höchsten Berge der Welt. Leider sind manchmal, trotz bestem Wissen, Ausbildung, Erfahrung und Technik, gewisse Wetterzellen und Windphänomene nicht vorhersehbar. Ihn trifft keine Schuld an unserem Scheitern, die Natur ins einfach stärker als wir Menschen und lässt sich nicht immer ins Nähkästchen schauen!
Und das ist auch gut so.

Mit herzlichen Grüßen aus dem Basislager des Hidden Peak
Gerfried Göschl

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