Endlich die Headwall durchstiegen

Neuigkeiten aus dem Hidden Peak Basislager.

Nachdem wir wegen starker Sturmböen tagelang um unser Basislager gekämpft hatten, nutzten wir eine kurze Chance um wieder aufzusteigen. Wir wussten, dass wir bei sehr durchwachsenem Wetter aufsteigen mussten, aber Winter ist Winter. Hier gibt es nur ganz ganz wenige Tage an denen man über 6500m arbeiten bzw. klettern kann.

So brachen wir in dem Bewusstsein vom Basislager auf, diese kurze Wetterberuhigung eventuell sogar für einen Gipfelversuch zu nutzen. Ein motivierender Gedanke!
Das ganze Team, Cedric, Nisar, Darek, Tamara, Alex, Carlos und ich, stiegen am 26. Februar den uns schon so bekannten Weg zu Lager 1 (6200m) auf. Da dieses Lager nun erstmals sieben Personen beherbergen musste, wurde eine dritte Plattform aus dem Eis ausgehakt. Am späten Nachmittag standen endlich drei Zelte wie Adlerhorste am ausgesetzten Grat.
Nach einer kalten Nacht starteten Cedric und ich schwer bepackt als erste. Immer wieder verhinderten starker Wind und feine Neuschneelawinen, so genannte Spindrifts, unser Vorankommen. Nach mühsamer Spurarbeit über Eis- und Firnflanken erreichten wir am Nachmittag 6700 Meter, unser letztes Depot, hinterlassen vor über 14 Tagen. Schnell richteten wir uns her. Cedric wühlte sich immer wieder einbrechend und von mir gesichert über die Steilflanke durch den Zuckerschnee, ich erfror inzwischen fast am Stand. Ich bemühte mich zwar sehr, aber ohne Unterstützung war es unter diesen Umständen sehr schwierig zu filmen und zu fotografieren. Da meine Zehen bereits gefühllos wurden, verwendete ich erstmals meine Schuhheizung. Das Groteske am Ende des Tages war, dass ich mir dadurch drei Brandblasen an den Zehen holte!
Schlussendlich stieg Cedric um kurz vor 16:00 Uhr am Grat auf 6800 Meter aus. Für uns ein gewaltiger alpinhistorischer Moment, die technisch extrem anspruchsvolle und steile Headwall, 1600 Meter hoch, ist somit erstmals von Menschen durchklettert worden!

Schnell folgte ich Cedric am Fixseil um nun endlich auch, nach zwei Expeditionen im Winter an dieser Wand, über den Grat blicken zu dürfen. Leider war der Anblick etwas enttäuschend, da wir uns in einer Nebelsuppe befanden, keine freie Sicht zum Gipfel. Auch der Weiterweg zum erhofften leichteren Gelände war wenig befriedigend. Cedric versuchte noch sein Bestes, aber der überhängende Grat war mit unserem Material nicht absicherbar, der Schnee wie Zucker. Firnschwerter bzw. Eisschrauben würden bei einem Sturz nicht halten. Vielleichten könnten wir zwei uns über die Schwierigkeiten schwindeln, aber was würde mit den nachfolgenden Kollegen sein? In nur einer Stunde würde die Nacht einbrechen. Könnten wir überhaupt noch 7000 Meter für ein Gipfelbiwak erreichen? Würden wir in diesem Nebel und bei diesen Windböen überhaupt den Gipfel und unser Lager wieder finden? Hätten wir mit unserem Plan der Überschreitung des Berges überhaupt eine realistische Chance?

Bald kristallisierte sich heraus, dass wir uns für diesen Tag zur Umkehr entscheiden mussten. Eine durchaus schmerzvolle, aber auch richtige Entscheidung. Schnell richteten wir ein windgeschütztes Depot am Grat her und fixierten Materialien für einen weiteren Versuch. Inzwischen erreichten uns auch Nisar und Alex. Darek, Tamara und Carlos waren bereits früher umgekehrt. Kurz nach 18:00 Uhr, in beginnender Dunkelheit, seilten wir uns ab. Komplett ausgekühlt wollten wir gleich direkt ins Basislager absteigen. In Lager 1 bekamen wir noch von Darek und Tamara, die zur weiteren Akklimatisation noch eine Nacht am Berg verbrachten, eine Tasse Tee gereicht. Nach vier Stunden erreichten wir um 22:00 Uhr völlig ausgelaugt das sichere Basislager, wo wir mit kulinarischen Köstlichkeiten bis spät in die Nacht versorgt wurden.
Ich sitze nun mit etwas gemischten Gefühlen hier im BC. Ich bin enttäuscht, dass wir nicht weiter aufsteigen konnten, dass ich nun nicht schon zu meiner Familie, zu meinen Mädels, zurückkehren kann. Aber auf der anderen Seite bin ich froh, dass alle wieder sicher im Basislager sind, dass die Wand nach 38 Tagen und 8 Aufstiegen (alleine in diesem Winter) endlich durchstiegen ist, dass die Route zum Gipfel offen ist, dass ich mit Cedric und Nisar zwei kongeniale, sehr soziale und extrem starke Partner an meiner Seite habe, dass die Chance weiter lebt unser großes Projekt abzuschließen.

Hier richten wir jetzt alles für die nächste Sturmfront her, die erneut am 4. und 5. März über unser Lager ziehen wird. Aber wer weiß schon, vielleicht tut sich bereits im Anschluss ein Wetterfenster auf! Vielleicht gibt uns der Berg bzw. das Wetter endlich eine echte Chance für eine Gipfelbesteigung! Unsere Motivation bleibt ungebrochen!

 

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