Einmal Träumen dürfen

Einmal Träumen dürfen Ennstal-Classic
Was wäre das perfekte Ennstal-Auto?

Ein Ritual in der Vorbereitung der Ennstal-Classic ist das obligatorische „Streckenabfahren“ am Wochenende vor der Rallye. Gemeinsam mit meinem Vater Helmut kontrollierten wir jedes Jahr, ob die Strecke, wie sie im Roadbook gezeichnet war, überhaupt noch existierte. Nicht selten haben Baustellen oder eingestürzte Brücken alles nochmal auf den Kopf gestellt.

Über die Jahre hinweg haben wir tausende Kilometer nebeneinander abgespult und uns von den Annehmlichkeiten moderner Autos wie zB. einer Klimaanlage, verwöhnen lassen. Doch inmitten dieses Komforts erwachte in uns stets dieselbe Sehnsucht. Die Ennstal selbst in einem historischen Auto zu erleben, die Atmosphäre an der Strecke und in den Etappenorten zu spüren und uns im Wettbewerb um Hundertstelsekunden mit Gleichgesinnten zu messen.

Jedes Mal kam dabei dieselbe Frage auf: „Mit welchem Wagen würden wir heuer die Ennstal-Classic fahren?“ Es war mehr als nur eine Frage nach dem passenden Fahrzeug, es war der Traum, Abenteuer vergangener Zeiten wieder auferstehen zu lassen. Wir spielten die ganze Fahrt hindurch gedanklich Auto-Quartett.

Mein erster Vorschlag: Ein 300 SL Flügeltürer. Die reine Schönheit dieses Autos, diese unvergleichbaren Linien, ein Kunstwerk für die Ewigkeit, ein Jahrhundertauto. Mein Vater schaute skeptisch. Er kannte den 300 SL gut, er fuhr zweimal damit die Mille Miglia, einmal sogar den unbezahlbaren Prototyp, gemeinsam mit Michael Glöckner. „Zu heiß, im Cockpit entwickelt sich eine thermische Dynamik wie im Heizraum einer Dampflok. Das ist unerträglich an heißen Sommertagen.“

Seine Erfahrung ließ ihn tiefer blicken: „Eines Tages wird jemand im Mercedes Risk-Management auch den Prototypen als zu wertvoll betrachten und von der Straße ins Museum verbannen, wie den 722 SRL von Stirling Moss. Vor Jahren hat John Surtees, Formel-1 und Motorrad Weltmeister, den SRL über die gesamte Ennstal-Strecke bewegt, heute unvorstellbar.“

Ich träumte weiter: 550 Spyder - der Porsche, der gemeinsam mit James Dean unsterblich wurde. Hollywood Schauspieler Patrick Dempsey fuhr damit einmal die Ennstal-Classic. Erst kürzlich schwärmte er in einem Interview in "Die Presse" darüber: „…Ich erinnere mich lebhaft an diese Strecke in Österreich: Es war, als würde die Zeit zurückgedreht. Jeder Moment im Cockpit dieses Wagens war eine Reise, nicht nur durch die Landschaft, sondern durch die Zeit selbst. Es war, als würde ich die Grenzen meines eigenen Seins überschreiten. Reine Transzendenz. Es war unvergesslich.” Mein Vater nickte zustimmend.

Oder ein Rennsport Ferrari aus den 50ern, 12 Zylinder und 4 Liter Hubraum. Wie der 315S, mit dem Taruffi die letzte Mille gewonnen hat, so kostbar wie ein Klimt-Gemälde. „Ein wahres Biest, damit hättest du genug Kraft aus den engen Spitzkehren am Sölkpass die Steigungen ohne Geschwindigkeitsverlust zu meistern. Oder ein Jaguar D-Type – die Scheibenbremsen könnten dir beim Bergabfahren vom Stoderzinken das Leben retten“.

Eine Grundsatzfrage: Oben ohne? „Verlockend, aber schwierig: Nach Stunden bist du taub vom Motor und Wind, und bei einem Wolkenbruch fühlst du dich wie in einer fahrenden Badewanne.“

Also doch kein Vorkriegs-Bentley? Das sind doch die wahren Helden der Ennstal. Monumente der Rennsportgeschichte, geprägt von Eleganz und unbändiger Kraft. „Ja, aber dafür brauchst du Oberarme wie ein Freistilringer. Es verlangt physische Stärke und Ausdauer. Unglaublich wie unsere „Bentley-Boys“ die ganze Ennstal Strecke meistern und dann noch auf Achse zurück nach England fahren.“

911er? Zeitlos und begehrenswert. „Bestimmt das ideale Auto für eine Gleichmäßigkeits-Rallye. Doch vielleicht schon zu modern.“

Also doch etwas exotisches, wie ein Veritas RS? „Faszinierendes Gefährt! Die wurden in einer Baracken-Werkstatt in Meßkirch quasi handgeschnitzt. In tiefster Not, aber mit ungeheurem Enthusiasmus und genialer Improvisationsgabe gebaut aus alten BMW-Rahmen und 328er Motorenteilen. Wirklich sehr selten, doch einmal starteten gleich drei Exemplare bei der Ennstal.“

Wir spulten die hunderten Kilometer der Strecke ab und hörten nicht auf zu träumen.

Wenn ich meinen Vater heute frage, mit welchem Auto er bei der Ennstal 2024 starten würde: „550 Spyder… wie Patrick damals.“

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