Ausseerland im Gesundheitsnotstand?

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Junge Ärzte wollen helfen – doch niemand lässt sie


Mit dem politischen Umbruch in der Steiermark wurde das Projekt Zentralkrankenhaus in Stainach-Pürgg gestoppt – und mit ihm wichtige Fortschritte in der Gesundheitsversorgung im Bezirk Liezen. Eine neue Arbeitsgruppe soll nun evaluieren, wie es weitergeht. Zwei Ärzte mit starkem Bezug zur Region zeichnen ein schonungsloses Bild der aktuellen Lage – und warnen vor politischen Grabenkämpfen auf Kosten der Patienten.

„Man wollte mich nicht“
Philipp Schultes, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, stammt aus Bad Mitterndorf, sein Vater war dort langjähriger Allgemeinmediziner. Aus Verbundenheit bewarb er sich für eine Stelle im LKH Bad Aussee – und wurde abgelehnt: „Man sagte mir, man habe keine Verwendung für mich.“ Heute operiert er in Salzburg und Oberösterreich, seine Wahlarztpraxis ist stark nachgefragt. Die Entwicklung im Ausseerland sieht er kritisch: „Das neue Haus in Bad Aussee war eine wichtige Investition. Doch man ließ es nie wachsen. Kollegen berichten, dass eine höhere Auslastung sogar unerwünscht sei. Das ist verantwortungslos.“

Zentralkrankenhaus ja – aber richtig
Schultes befürwortet ein Zentralkrankenhaus, allerdings nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu bestehenden Häusern: „Ein Netzwerk aus Zentralklinik und Satelliten-Spitälern ist der richtige Weg. So bleiben Know-how, Arbeitsplätze und wohnortnahe Versorgung erhalten.“ Besonders das LKH Bad Aussee könne als Primärversorgungszentrum mit Schwerpunktplanoperationen (z. B. Schulter, Hüfte) neu gedacht werden. „Das lockt Ärzte an und spart Kosten – wenn man es denn will.“

Systemwechsel gefordert
Für echte Reformen braucht es laut Schultes aber mehr: „Alte Strukturen gehören entstaubt. Junge Ärzte müssen ran – mit neuen Ideen und Spezialisierungen. Und wir müssen uns ehrlich fragen: Was ist leistbare, sinnvolle Medizin im ländlichen Raum?“ Die Vollkasko-Mentalität vieler Patienten sowie politisches Taktieren bremsen jeden Fortschritt.

Heydolph: Kleine Häuser sind keine Lückenfüller
Auch Jan Heydolph, erfahrener Anästhesist und Krankenhausmanager aus Tirol, setzt auf eine enge Verzahnung zwischen kleinen Häusern und High-End-Zentren. „Nur wenige Eingriffe gehören wirklich ins Maximalzentrum. Die Grundversorgung muss wohnortnah erfolgen. Kleine Häuser arbeiten oft besser, effizienter und menschlicher – wenn man sie lässt.“

Politisches Versagen auf dem Rücken der Patienten
Heydolph kritisiert die Entfremdung der Gesundheitspolitik von der Realität: „Entscheider sehen nur Zahlen, nicht Menschen. Lokale Häuser werden schlechtgeredet, Zentralisierung als Heilmittel verkauft. Doch Qualität hat viele Gesichter – und oft liegt sie näher, als man glaubt.“

Die Stimmen aus der Praxis sind deutlich: Es braucht keine weiteren Evaluierungen, sondern den politischen Willen zur Umsetzung bewährter Konzepte. Das Gesundheitssystem im Ausseerland steht an der Kippe – und junge Ärztinnen und Ärzte wären bereit zu helfen. Man müsste sie nur lassen.

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