Mehr Kunden, weniger Verkäufer
- verfasst von Alfred Stadlmann
- Fenstergucker
Mehr Kunden, immer weniger Verkäufer, immer längere Wartezeiten. Wir machten die Probe auf´s Exempel und besuchten an einem regnerischen Tag, fünf Tage vor Schulbeginn, ein Elektronikgeschäft in der Arkade in Liezen.
Zeit 15:35 Uhr, und das Geschäft ist gut besucht. Nach einem Rundgang zählen wir 16 Kunden/Personen und … vier Verkäufer/innen. Die Stimmung wirkt angespannt. Kunden stehen vor der Fernsehwand und ihre Blicke suchen nach einem Verkäufer. Der steht an der Kasse und kassiert. Jedes Mal, wenn er sich loseisen und zur Fernsehwand steuern will, fängt ihn jemand mit einer Frage ab oder es kommt jemand mit einem Artikel, um zu bezahlen. Dasselbe Bild bei den Digicams, wo eine Verkäuferin mit zwei Kunden vor einer offenen Vitrine steht und in ein Frage-Antwort-Gespräch verwickelt ist. In ihrem Rücken steht eine Dame mit Kleinkind an einem Fototerminal – ohne Plan, hilfesuchender Blick, gefrustet. Die meisten Leute belagern die Handyinsel, wo zwei Verkäuferinnen ihr Bestes geben, um so schnell als möglich zum Abschluss zu kommen. Eine Mutter steht mir ihrem Sohn vor den Notebooks, ihr Blick fixiert eine der beiden Handy-Verkäuferinnen. Wir schlendern in die TV-Abteilung, wo es ein Kunde geschafft hat, den jungen Mann von der Kasse loszueisen. Dort steht nun suchend eine Frau, wartet kurz, legt einen Kopfhörer auf das Pult, schaut herum, lässt das Teil einfach liegen und geht. Gegangen ist mittlerweile auch die Dame am Fototerminal, wo ihr Kleinkind lautstark quengelnd kundtat, dass ihm die Warterei auf den Geist geht.
Auch wir gehen und melden uns kurz vor 18:00 Uhr bei der Filialleitung. Freundlich wird uns von der Filialleiterin erklärt, dass zwar noch Personal vorhanden sei, dies jedoch Urlaub und Zeitausgleich konsumieren muss. Detaillierte Fragen ersparen wir uns, in der Gewissheit, dass hier jeder froh ist, wenn er frei hat. Auch das Weihnachtsgeschäft betreffend stellen wir keine Frage. Auf unsere Frage: „und was ist, wenn jemand wegen Krankheit ausfällt und wie sieht es hier um die Mittagszeit aus“, zuckt sie müde die Achseln und meint: „Irgendwie müssen wir damit fertig werden.“ Und fertig schien sie auch zu sein, genauso wie die drei jungen Kollegen. Dass nicht immer so ein Run herrscht ist uns natürlich bewusst. In ruhigeren Zeiten wird dann aufgearbeitet was zuvor liegengeblieben ist, die Lieferung verstaut, die Vitrinen gereinigt und neu bestückt, die Post und die Kundenreparaturen abgearbeitet, E-Mails gelesen und beantwortet, Preisänderungen durchgeführt und manchmal bleibt sogar noch ein wenig Zeit, um aufs Klo zu gehen.
Was und wie in der Firmenzentrale gedacht wird, wissen wir nicht. Dass die jungen, sehr bemühten Verkäufer, das nicht auf Dauer durchhalten werden, dessen sind wir uns sicher. Und das diese triste Personalsituation auch in anderen Branchen und Geschäften herrscht, dessen sind wir uns auch sicher.
Und so wird weiter gehofft, auf die mystische Kraft des Regenbogens.