Die Zeit vergeht
- verfasst von Alfred Stadlmann
- Leute
Jene Tage, wo Moby auf der anderen Seite des Baches den schmalen Weg „frisierte", sind Vergangenheit. Sein Quad mit dem kleinen Anhänger steht nicht mehr bei der Trafostation an der Brücke. Kein Rechen lehnt mehr am Zaun. Kein Treibstoffkanister steht im Schatten der Erlen, um der Motorsense Kraft zu spenden. Aus gesundheitlichen Gründen musste Moby vorzeitig in Ruhestand gehn. Wer an einem sonnigen Tag am Balkon sitzt, hört nur sehr ungern das auf- und abjaulende Singen einer Motorsense. Bei mir war das anders. Ich vernahm es immer mit einem zufriedenen Lächeln. Ich sagte dann meist zu meiner Frau: „Moby, unser Waldfriseur, ist wieder am trimmen." Manchmal konnten wir ihn auch sehen, wenn er gerade an einer Stelle mähte, wo die Erlen und Büsche nicht so dicht stehen. Vorschriftsmäßig mit Sicherheitskleidung versehen, verrichtete er seine Arbeit für den Bauhof Liezen, und für uns Spaziergänger. Trotz des Schutzes vor der Sonne, das dichte Blätterdach ist im Sommer ein Segen, kam er dabei meist gehörig ins Schwitzen. Wir trafen ihn einmal bei der Arbeit, als wir eine Runde spazieren gingen. Moby machte eine Pause, um uns nicht zu gefährden. Ein stolzes Lächeln zierte seine Lippen, nachdem wir ihn für seine Arbeit dankten. Die Motorsense ist verstummt und der schmale Weg hinter dem Alpenbad verwandelt sich seitdem in einen Dschungelpfad. Ohne Mobys regelmäßiges „frisieren" zeigt die Natur ihre unbändige Kraft. Es wird sich irgendwann jemand finden, um den Wildwuchs der Büsche und Gräser wieder in die Schranken zu weisen. Aber es wird nicht mehr Erich - Moby - Forstner sein.
Lieber Moby! Alles gute für deine Zukunft. Ich wünsche dir die Kraft der Natur, die du jahrelang gebändigt hast. Danke für die Momente, in denen du mir mit deiner Motorsense ein glückliches Lächeln ins Gesicht gemäht hast.