Bergkameradschaft zählt nichts mehr

Empfehlung Bergkameradschaft zählt nichts mehr Gerfried Göschl
Zählt Bergkameradschaft im hochalpinen Gelände nichts mehr?

Manche Bergsteiger scheinen dieser Meinung und ihnen ist wichtiger, ihr persönliches Ziel, den Gipfel zu erreichen, als in Not geratenen Bergkameraden zu helfen. Nachfolgend und ungeschminkt ein aktueller Bericht von Gerfried Göschl und seinem Team, die am Gasherbrum nicht weggeschaut und so einem Menschen, einem Bergkameraden, das Leben gerettet haben.

 

Letzte Woche konnten wir die zweite Akklimatisationsphase abschließen. Alle Teilnehmer schliefen zwei Nächte im Lager 1 (5900m). Am Gasherbrum 2 konnte wegen Lawinengefahr bis ca. 6200m aufgestiegen werden. Am G1 eröffneten wir in drei Seilschaften (Louis, Günther, Gerfried; Alex, Juanra, Tamayo; Hans, Stefan, Rick) eine sichere und sehr direkte Route durch den Eisbruch zum Gasherbrum La und konnten unser zweites Lager (6350m) einrichten. Heute sind alle G2-Teilnehmer zum Lager 1 aufgestiegen. Die G1-Gruppe sollte eigentlich morgen früh direkt zum Lager 2 aufsteigen.

Um 07.00 Uhr erreichte uns ein Notruf der Schweizer Kobler Gruppe um Ernst Marti. Ein Pakistanischer Träger einer Japanischen Gruppe sollte schwer höhenkrank gerettet werden. Die Japanische Mannschaft sah sich außer Stande ihrem Träger zu helfen (!!!!). Zum Glück hatten wir Notfallsauerstoff ins Lager 1 gebracht. Der konnte nun dem Träger vorerst das Leben retten. Das Kobler-Team organisierte den ersten Abtransport.

Sofort erklärten sich Louis Rousseau und Jose Carlos Tamayo bereit mit Notfallmedikamenten und einem Rettungsschlitten aufzubrechen. Ich übernahm die Aufgabe der Koordination der Rettungsaktion. Um 09:00 Uhr startete unser zweites, planmäßig zusammengestelltes Rettungsteam um MD Stefan Zechmann mit sechs Mann unserer Gruppe (Günther Unterberger, Hans Wenzl, Alex Txikon, Juanra Madariaga, Mario Vielmo und Silvano Forgiarini). Leider war vorerst kein anderes Team bereit zu helfen. Dankenswerter Weise meldete sich bald darauf ein kleines Italienisches Team (Nikola Campani, MD Annalisa Vioritti und ihr Pakistanischer Koch) um auch aufzusteigen. ALLE anderen Gruppen hier im Basislager und am Berg, darunter viele bekannte Höhenbergsteiger, lehnten jeglichen Hilfe ab oder beließen es bei Lippenbekenntnissen!!! Pakistanischen Trägern wurde es sogar verboten zu helfen um fit für das eigene Team zu bleiben!!

Um 11:00 Uhr erreichte unsere Vorhut das Opfer auf ca. 5500m und das ausgesprochen bemühte Kobler-Team konnte abgelöst werden. Louis begann eine weitere Notversorgung, stabilisierte das Opfer und gemeinsam mit vier Trägern und Tamayo konnte er den weiteren Abtransport bestreiten. Bald darauf trafen sie auf unser zweites Rettungsteam, das sich mittlerweile mit den Italienern zusammengeschlossen hatte und unser MD Stefan konnte das Opfer begutachten bzw. versorgen.

Um 13:00 Uhr konnten wir weiteren, dringend benötigten Notfallsauerstoff organisieren und mit dem Pakistanischen Koch der Japaner hoch schicken. Dies wollte sogar vorerst eine Teilnehmerin der Japanischen Gruppe verhindern??!! Bei schlechter werdendem Wetter stieg die nun 16-köpfige Rettungsmannschaft ganz langsam und mit großer Geduld durch den Gletscher ab. Im Basislager errichten wir gemeinsam mit dem Doktor der Pakistanischen Armee, MD Asip, ein Notfalllazarett mit einem Gamov-bag und weiteren Notfallsauerstoff. Schließlich erreichte um 16:30 Uhr das ganze Team erschöpft, aber ungemein zufrieden, das Basislager.

Das Wichtigste ist gelungen, ein Mensch wird zu seiner Familie zurückkehren können. Bei einem gemeinsamen Essen in unserem Lager wird die gesamte Aktion besprochen und auch gefeiert.

Mit großem Stolz bedanke ich mich ganz herzlich bei allen Beteiligten dieser Rettungsaktion. Diesen Menschen liegt ein Leben viel mehr am Herzen als jegliches egoistisches Verhalten. Sie schauen nicht weg wie so viele andere. Möglicherweise werden es im Nachhinein viele bestreiten, aber alle hier haben über den Notfall gewusst!!!!

 

Mit herzlichen Grüßen aus dem Gasherbrum-Basislager

Gerfried Göschl

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