EU-Vorschriften oder „päpstlicher“ als der Papst

Albert Royer zu EU-Vorschriften Albert Royer zu EU-Vorschriften
Es heißt im Volksmund so schön, „reisen bildet“. Jawohl, das kann ich nur voll und ganz bestätigen.

Ich würde den Satz aber wohl eher so formulieren: reisen bildet und öffnet einem die Augen. Bei uns spricht fast jeder über den Bürokratiewahnsinn und über Bürokratieabbau, meistens verbunden mit einer Schuldzuweisung nach Brüssel. Ich hatte das Vergnügen im vorigen Herbst mit einer Delegationsreise des Landtages Steiermark Brüssel besuchen zu dürfen und ebenso wie vor einigen Tagen mit einer Delegationsreise die Stadt Leeuwarden im Norden Hollands, welche sich derzeit Kulturhauptstadt Europas nennen darf.

Unbestritten ist, dass in Brüssel in den Bürogebäuden (Tintenburgen) tausende Beamte täglich darüber nachdenken wie sie uns Bürger mit neuen Normen und Vorschriften beglücken können ohne uns zu fragen. Das Erstaunliche daran ist jedoch, dass die Belgier und Holländer meinen Reiseeindrücken nach selbige nicht kennen oder aber einfach ignorieren. Einige Beispiele: In Brüssel besuchten wir ein gutgehendes Restaurant wo sich die Gaststube im ersten Stockwerk befand und der Stiegenaufgang bei uns wohl eher unter die Kategorie „Hühnerleiter“ fallen würde. Die Kellner hatten einen eigenen noch steileren Aufgang von der darunterliegenden Küche aus. Von den Wörtern Barrierefreiheit, Allergenverordnung und Brandschutz haben die Belgier mit großer Wahrscheinlichkeit noch nie etwas gehört.

Ein ähnliches Bild in Holland. Da sitzt man gemütlich im Gastgarten, wobei die letzte Sesselreihe nur wenige Zentimeter vor den vorbeifließenden Wasserkanälen ohne jedes Geländer oder Absicherung aufgestellt ist. Auf Nachfrage erfährt man dann, dass in Holland eben Eigenverantwortung groß geschrieben wird und man nicht alles reglementieren will. Und wie gesagt, wir waren jetzt nicht im tiefsten Süden Europas unterwegs, denen nachgesagt wird, es mit den EU- Verordnungen nicht allzu ernst zu nehmen, sondern in den Benelux Ländern im Herzen der Europäischen Union. Über die leider viel zu mustergültige Umsetzung von EU-Verordnungen in Österreich zu schreiben würde hier den Rahmen sprengen.

Mein persönliches Negativ-Highlight ist die sogenannte ALSAG-Richtlinie. Diese hatte voriges Jahr bei den schweren Unwettern in der Sölk, in Öblarn und Oberwölz zur Folge, dass Schwemmsand der rasch ausgebaggert werden musste, um weitere Verklausungen zu verhindern, nicht auf kurze Distanzen verliefert werden durfte, um ihn sinnvoll zum Beispiel als Unterbau für Güterwege oder als Füllmasse zu verwenden, sondern das Material musste laut Vorschrift auf Deponien zur Zwischenlagerung und Beprobung gebracht werden. Erst wenn ein schriftliches Gutachten über die Unbedenklichkeit des Materials vorlag, durfte es für vorhin genannten Zweck verwendet werden.

Abschließend mein dringender Appell an die österreichische Beamtenschaft: „Hören wir endlich damit auf, jede EU-Verordnung noch päpstlicher als der Papst umzusetzen, die Holländer und Belgier machen es meinen Eindrücken nach auch nicht!“

Albert Royer

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