Sei fair und iss heimisch

Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher, Agrarlandesrat Hans Seitinger und Landesbäuerin Viktoria Brandner ©Land Steiermark/Binder Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher, Agrarlandesrat Hans Seitinger und Landesbäuerin Viktoria Brandner
Steiermark: Landwirtschaft 2022 – Herausforderungen & Perspektiven

Die steirischen Bäuerinnen und Bauern sichern die Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung, tragen mit vielfältigen Aktivitäten zum Klimaschutz bei und leisten einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft. Doch steigende Kosten und mangelnde Herkunftskennzeichnung bringen die Landwirtschaft unter Druck.

Die 35.000 steirischen Bauernfamilien tragen mit ihren vielfältigen Leistungen wesentlich zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln, hohen Lebensqualität in der Steiermark sowie dem Erfolg des steirischen Tourismus bei. Allein im Grünen Herz Österreichs sichert die Land- und Forstwirtschaft gemeinsam mit den nachgelagerten Verarbeitungsbetrieben direkt 100.000 Arbeitsplätze.

Preissteigerungen bedrohen Versorgungssicherheit
„Eine der größten Herausforderungen in diesem Jahr sind die enormen Kostensteigerungen bei Baumaterialien, Energie, Futter- und Düngemitteln“, erläutert Agrarlandesrat Hans Seitinger. Konkret sind die Kosten für Treibstoffe um rund 25%, Futtermittel teilweise um 80% und Düngemittel um durchschnittlich 70% gestiegen. Manche Dünger sind im Jahresvergleich sogar um fast 400% teurer geworden. „Diese Preisexplosionen sind für unsere Bauern wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Daher braucht es in dieser angespannten Situation einen fairen Preisausgleich und Schulterschluss zwischen Landwirtschaft, Handel und Konsumenten. Nur so kann die Versorgungssicherheit und Ernährungssouveränität der Steiermark erhalten werden“, so Seitinger.

Digitalisierung als Chance
Auch in der Land- und Forstwirtschaft nehmen die Anwendungsbereiche von neuen Technologien beständig zu. Von der Agrartechnik, die den notwendigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln minimieren, bis hin zum Marketing nimmt die Digitalisierung eine immer wichtigere Rolle ein. „Die Digitalisierung hat sich zu einem wesentlichen Hilfsmittel in der Landwirtschaft entwickelt um effizienter produzieren und rascher auf Markttrends reagieren zu können“, erklärt Landesrat Hans Seitinger, der in diesem Zusammenhang auch darauf verweist, dass die Steiermärkische Landesregierung den Breitbandausbau in den ländlichen Regionen forciert und damit die Grundlage für den Einsatz neuer Technologien schafft.


Klimakrise nur durch Ausstieg aus fossiler Energie und mit erneuerbarer Energie zu lösen. Nein zu Grünwaschen von Atomkraft!
Die Landwirtschaft ist nicht nur massiv vom Klimawandel betroffen, die heimischen Bauern leisten auch einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Allein der jährliche Holzzuwachs in der Steiermark speichert acht Millionen Tonnen CO2. Auch im Bereich der Energieversorgung leistet die heimische Landwirtschaft einen enormen Beitrag, wie Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher erläutert: „Die Klimakrise ist nur durch erneuerbare Energie zu lösen und nicht durch Grünwaschen von Atomkraft oder durch Nutzungseinschränkungen und Außernutzung-Stellen unserer Wälder.“ Unsere Bauern als Bioenergie-Pioniere versorgen jetzt schon 237.000 steirische Haushalte mit Wärme aus nachwachsender Biomasse sowie 70.000 Haushalte mit Ökostrom. Weiters könnten sie fünf Millionen Quadratmeter an landwirtschaftlichen Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen ausstatten, doch dazu braucht es gemeinsame Lösungen beim Netzzugang. Großes Potenzial haben intelligente Photovoltaik-Doppelnutzungen mit Spezialkulturen oder Geflügel. Hier haben die Geflügelbauern Großes vor: Sie wollen stromautark werden, indem sie ihre Hühnerweiden zur Ökostromproduktion mittels Photovoltaik nutzen. Ein klares Nein kommt von Präsident Franz Titschenbacher zu Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Vorrangflächen, also besten Acker- und Grünlandflächen.

Heimische Bauern sind Boden- und Wasserschützer
Einen besonderen Fokus legen die steirischen Bauern und die Landwirtschaftskammer auf einen aktiven und intelligenten Boden- und Wasserschutz. Ein wichtiger Schlüssel dafür ist das Anlegen von Blühflächen sowie der Anbau von Zwischenfrüchten. Diese sind einerseits ein Wellnessprogramm für das Bodenleben, für Regenwürmer, Bienen und Wildinsekten, andererseits vermehren blühende Zwischenfrüchte den Humus und können mehr Wasser speichern, sodass die Pflanzen besser vor Trockenheit und die Böden besser vor Erosionen geschützt sind. Ziel ist es, dass pro Starkregen jeder Quadratmeter Ackerboden um zehn Liter mehr Wasser speichert. Pro Hektar sind das im Schnitt zusätzlich 100.000 Liter. Das Potenzial dafür liegt bei hervorragenden 20.000 Hektar in der Steiermark. Außerdem haben steirische Gemeinden höchstes Interesse an diesen sogenannten „Retentionsböden“, um sich aufwändige und teure Hochwasserrückhaltebecken zu ersparen.

Herkunftskennzeichnung: Taktieren muss ein Ende haben
Titschenbacher mahnt auch die im Regierungsprogramm fixierte Herkunftskennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln wie Wurst, Nudeln und Co. sowie in der Gemeinschaftsverpflegung ein. Der Landwirtschaftskammerpräsident: „Kein Bauer und kein Konsument kann nachvollziehen, warum der Gesundheitsminister bei diesem wichtigen Thema so lange zögert. In der derzeitigen Corona-Lage die schwer geschädigte Gastronomie zum Zankapfel zu erklären, ist ein falsches Spiel. Der Gesundheitsminister sollte sich einen Ruck geben – im Sinne unserer Bauern, der Konsumenten und der Tiere. Dieses Taktieren muss ein Ende haben.“

Den Jungen gehört die Zukunft
Im europäischen Jahr der Jugend wird die Landwirtschaftskammer auch besondere Aktivitäten für die bäuerliche Jugend setzen. Titschenbacher: „Wir werden zehn jungen Bäuerinnen und Bauern durch Praktika in den europäischen Institutionen die Möglichkeit eröffnen, Europa besser kennenzulernen“. Darüber hinaus wird die Woche der Landwirtschaft ganz im Zeichen der bäuerlichen Jugend und ihren Innovationen stehen.

Frauenpower auf den Höfen im Vormarsch
Schon mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe in der Steiermark werden von Frauen geführt, die als bäuerliche Unternehmerinnen eine wichtige Stellung auf den Höfen und im ländlichen Raum haben. „Die Bäuerinnenorganisation der Landwirtschaftskammer stärkt die Kompetenzen der Bäuerinnen, damit dieser abwechslungsreiche Beruf für junge Frauen am Land eine attraktive Entwicklungsmöglichkeit bietet“, betont Landesbäuerin Viktoria Brandner. Vor allem die interessanten Erwerbskombinationen wie Direktvermarktung, Urlaub am Bauernhof oder Green Care bieten hervorragende Entfaltungsmöglichkeiten für Frauen am Land. Gleichzeitig setzt sich die Landesbäuerin auch für entsprechende Entlastungen in der Kinderbetreuung und Pflege ein. Brandner: „Öffentliche Investitionen in Kinderbetreuung und Pflege sind ein gut angelegtes Geld, sie sind ein langfristiger Wirtschafts-Booster“.

 

Bäuerinnen sind Brückenbauerinnen zur Gesellschaft – Offensive: Schule trifft Bauernhof.
Die Landwirtschaft wird in der Öffentlichkeit nicht immer so dargestellt wie sie wirklich ist. „Um ein realistisches Bild der Landwirtschaft zu vermitteln, setzen die Bäuerinnen heuer als besonderen Schwerpunkt auf einen realitätsbezogenen Wissenstransfer bei Schülern. Unter dem Motto „Schule trifft Bauernhof“ werden 500 steirische Bäuerinnen in fast allen steirischen Volksschulen die Klassenzimmer in einen ´Bauernhof´ umgestalten. Umgekehrt verwandeln immer mehr „Schule am Bauernhof“-Betriebe ihre Höfe in ein Klassenzimmer. Brandner: „Wir starten heuer eine besondere Offensive und wollen dieses wertvolle Angebot von aktuell 80 auf etwa 100 Höfe erhöhen“.

Appell an die Naturnutzer: Bitte Spielregeln beachten
Einen flammenden Appell richtet die Landesbäuerin auch an alle Naturnutzer – anlassbezogen für den boomenden Bereich des Tourengehens – die Spielregeln im Winter und im Sommer für die Freizeitnutzung zu beachten. Brandner: „Bitte bleibt auf den angegebenen Routen. Das Wild braucht Ruhe und die jungen Bäumchen Jahrzehnte bis sie vor Lawinen und Vermurungen schützen können. Scharfe Stahlkanten ruinieren aber ein kleines Bäumchen in nur wenigen Sekunden.“

 

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