Der Wolf in der alpinen Kulturlandschaft

Ende Mai fand im Naturpark Sölktäler die internationale Fachtagung „Der Wolf in der alpinen Kulturlandschaft – Chancen und Herausforderungen“ statt.

ExpertInnen aus dem gesamten Alpenraum und den Karpaten lieferten aktuelle Situationsberichte über Wolfspopulationen, Konfliktfelder und Lösungswege in ihren Regionen. Die Teilnahme von über 100 Personen zeigt das große Interesse an diesem vieldiskutierten Thema.

Der Wolf kehrt nach mehr als 100 Jahren eigenständig nach Österreich zurück und steht hier unter strengem Schutz. Was einerseits einen Erfolg des Naturschutzes darstellt, sorgt andererseits in einigen Bevölkerungsgruppen für große Verunsicherung. Von Befürwortern werden das Recht auf Leben für den Wolf und die Bereicherung der heimischen Wildtierzusammensetzung angeführt. Konfliktpotentiale bestehen vor allem mit den Nutzern der alpinen Kulturlandschaft. Die internationale Tagung war die Fortsetzung eines mehrstufigen Informations- und Diskussionsprozesses im Naturpark Sölktäler.

Im März wurden bereits regionale Informationsabende zu den Themenfeldern „Land- & Almwirtschaft“ und „Forstwirtschaft & Jagd“ mit insgesamt 130 TeilnehmerInnen abgehalten. Am 16. Mai folgte zum Auftakt der Tagung die Eröffnung der Ausstellung „Der Wolf kehrt zurück“. Die Ausstellung ist für Kinder und Erwachsene konzipiert, bietet umfangreiche Informationen zum Wolf und möglichen Konfliktbereichen, und ist bis 30. September jeweils Mi-So, 10-17 Uhr auf Schloss Großsölk – Naturparkhaus zugänglich.

Die internationale Tagung wurde vom Naturpark Sölktäler in Zusammenarbeit mit der Naturpark Akademie Steiermark und dem Netzwerk Alpiner Schutzgebiete (ALPARC) organisiert. Ziel war ein Erfahrungsaustausch auf internationaler Ebene. Dazu konnten Referenten aus dem gesamten Alpenraum (Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, Slowenien) und den Karpaten (Rumänien, Slowakei) gewonnen werden, die am 17.5. ihre Sichtweisen präsentierten. Im Anschluss an ihre Fachvorträge bestand die Möglichkeit für Fragen und zur Diskussion. Die Abendveranstaltung bestand aus einer öffentlichen Podiumsdiskussion mit ausgewählten Experten, zu der die lokale Bevölkerung eingeladen war.

Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die Themen Nutztierschäden, Herdenschutz, Entschädigungen und Auswirkungen auf die Jagd. Mircea Verghelet (Direktor Nationalpark Craiului, Rumänien) berichtete beispielsweise über derzeit 2400-2700 Wölfe in Rumänien, dass dort die Wölfe immer präsent waren, und deshalb der Herdenschutz mit Behirtung und Herdenschutzhunden, im Gegensatz zu manchen Alpenregionen, lange Tradition hat. Georg Rauer (Wolfsbeauftragter Österreich) beobachtet die Ausbreitung des Wolfes in und um Österreich: „Derzeit leben etwa 10 Individuen in Österreich. Ein weiterer Zuzug aus den Nachbarländern, die mehr Wölfe beheimaten, ist jederzeit möglich.“

Daniel Mettler (Gruppenleiter Herdenschutz Schweiz) vergleicht: „Wir standen vor 15 Jahren mit der Rückkehr der Wölfe vor ähnlichen Problemen wie derzeit in Österreich. In der Zwischenzeit konnten wir Rahmenbedingungen zur Verhinderung bzw. Verringerung der Konflikte schaffen. Die Wirkungsweise des Herdenschutzes ist je nach Region unterschiedlich zu bewerten.“ Georg Höllbacher (Österreichische Nationale Beratungsstelle Herdenschutz) ergänzt: „Derzeit fehlen uns noch die Erfahrungen, Mittel und Regelungen für einen flächendeckenden Herdenschutz. Der Gesetzgeber ist gefragt, daran dringend zu arbeiten und alle Betroffenen einzubinden.“

Am 18.5. folgten Workshops zu den Herausforderungen bei Alm- und Weidewirtschaft, Forst und Jagd, Tourismus und Naturschutz Den Abschluss der Tagung bildete eine Exkursion im Gebiet Sölkpass. Dabei konnten die Themen Almwirtschaft und mögliche Herdenschutzmaßnahmen direkt auf einer Alm besprochen und diskutiert werden. Der Kleinsölker Karl Brandner, selbst Almbauer und Obmann-Stv. Steirischer Almwirtschaftsverein, konnte sich aktiv in die Diskussionen einbringen: „Die Rückkehr des Wolfes in unsere Kulturlandschaft bedeutet riesige Herausforderungen für die Almbauern, Jäger und Grundeigentümer. Ohne passende Rahmenbedingungen ist zu befürchten, dass einige Almen in Zukunft nicht mehr bewirtschaftet werden.“

Die Initiative des Naturparks Sölktäler soll einen Beitrag zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen leisten. Stefan Falkensteiner (Naturpark Sölktäler) dazu: „Als Naturpark nehmen wir die Befürchtungen der Betroffenen sehr ernst und möchten diese auch klar kommunizieren. Die Tagung und die Ausstellung sind geeignete Plattformen dafür. Wenn eine Koexistenz mit dem Wolf in unserer Kulturlandschaft gelingen soll, dürfen die Betroffenen nicht alleine gelassen werden. Die Verantwortung liegt bei der gesamten Gesellschaft.“ Marianna Elmi (Alpenkonvention) und Guido Plassmann (ALPARC) waren sich einig: „Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Naturpark so intensiv mit dem Thema auseinandersetzt.

Die fachliche Aufbereitung und sachliche Diskussionskultur dieser Tagung sollten Vorbild für andere Regionen sein. Diese sind Grundvoraussetzungen für zielführende Debatten.“

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