Albert Royer über Bauern und die Handelsketten
Aber nachdem ich in den letzten Wochen hinter den Kulissen miterleben durfte, welch enormes Spannungsfeld sich beim Thema Tierwohl von Nutztieren aufbaut, ist es mir ein Bedürfnis darüber einige Zeilen zu schreiben. Die Debatte über mehr Tierwohl ist an und für sich nichts Schlechtes und die Bauern sind ja selbst stets bemüht, dass es ihren Tieren gut geht. Nur versuchen die Handelsketten in einem beinharten Verdrängungswettbewerb gerade sich gegenseitig mit Produkten „mit noch mehr Tierwohl“ zu übertrumpfen. Sorge bereitet mir die Tatsache, dass dies auf dem Rücken der Bauern passiert und am Ende des Tages wahrscheinlich gerade jene Bauern das sprichwörtliche Handtuch werfen werden, welche noch am ehesten der bäuerlichen Idylle entsprechen, die die Marketingexperten der Handelsketten den Konsumenten so gerne in Werbespots zeigen.
Worum geht es ihm Detail: Es gibt derzeit vor allem im Berggebiet noch sehr viele vor allem kleinere Betriebe (viele davon im Nebenerwerb) welche ihre Kühe zeitweilig ihn einem Anbindestall halten, diese aber dafür mit ausreichend Weidegang entschädigen. Diese sogenannte Kombinationshaltung ist offensichtlich vielen Handelsvertretern ein Dorn im Auge und man möchte diese Betriebe mittelfristig dazu zwingen in einen neuen modernen Laufstall zu investieren. Laufställe haben einen wesentlich größeren Baukörper als traditionelle Anbindeställe, zudem sind in Hanglage die Unterbauten mit Stützmauern extrem teuer. Da reden wir dann gleich einmal über Baukosten von zwanzigtausend Euro pro Rind. Diese Summen sind für viele kleinere Betriebe mit wenig Umsatz schlichtweg nicht zu finanzieren.
Aber auch Betriebe, welche bereits in einen modernen Laufstall investiert haben, sollten sich nicht zu früh freuen. Die Handelsketten drängen hinter den Kulissen darauf, dass die Kühe wieder Hörner haben sollten (Sicherheitsrisiko für Mensch und Tier) und sie drängen auch darauf, dass das Kalb nach der Geburt für mehrere Wochen bei der Mutter bleiben sollte. Dies ist in der heutigen Milchwirtschaft eher unüblich, weil es bei einem späteren Trennungsschmerz zwischen Kalb und Mutter zu erheblichen Verlusten in der Milchproduktion kommen kann und das Ganze zudem arbeitsintensiv ist.
Aber auch die Bauern und ihre Vertreter sollten eine Sache selbstkritisch überdenken: Die österreichische Landwirtschaft muss sich entscheiden ob man Massenware für den Weltmarkt liefern möchte oder Premiumprodukte mit höheren Preisen. Letzteres wird aber nur mit einer guten Marketingstrategie möglich sein. Die Südtiroler schaffen es offensichtlich ihre Milchprodukte höherpreisig zu vermarkten, indem sie sehr viel Emotion von saftigen Bergweiden, klarem Wasser, reiner Luft und einer schönen gepflegten Landschaft mitverkaufen. Dieser Weg wird uns allerdings verbaut sein, wenn wir darauf setzen das moderne Betriebe ihre Kühe das ganze Jahr im Laufstall halten. Zwar mit Auslauf (das kann durchaus eine betonierte Fläche sein), aber diese Kühe bis zu ihrem Lebensende keine grüne Wiese mehr betreten werden. Wenn sie dann auch noch vom Melkroboter vollautomatisch gemolken werden, was grundsätzlich ja im Sinne von Arbeitserleichterung in Ordnung ist, ergibt das Ganze dann doch ein wenig romantisches Bild, welches im Marketing durchaus eine Herausforderung darstellt, wenn man sich dann am Weltmarkt mit Produkten aus Irland, Holland oder Neuseeland trifft, wo überall viel Weidehaltung praktiziert wird.
Abschließend hoffe ich, dass einerseits die Vertreter des Handels früh genug erkennen, dass es wenig Sinn macht viele kleinere Betriebe mit praxisfeindlichen überbordeten Auflagen zur Aufgabe zu zwingen (zumal diese Auflagen weit über die gesetzlichen Auflagen gehen würden) anderseits sollte aber auch die Landwirtschaft mit ihren Produktionsabläufen nicht am Markt vorbeiproduzieren.